Reminiszenz
Sie ist etwa siebzig Jahre alt, trägt ihre Haare schwarz und kurz. Der Stimme hört man die Gesangsausbildung an, früher, als sie jünger war. Sie haucht ein wenig, setzt ihre Worte mit Bedacht.
Nachher, als wir den stickigen Raum verlassen und die weißen Steinstiegen hinuntersteigen, meint sie "Darf ich fragen, aus welchem Teil Südtirols Sie kommen?". Natürlich, sage ich, und erzähle von Meran. Ob sie Südtirol kenne, frage ich. Ach, meint sie, sie verbinde unglaublich schöne und unglaublich schreckliche Erinnerungen damit. Ihr Mann sei vor bald zwanzig Jahren dort gestorben. In Naturns. Ich nicke, das sei recht häufig. Herzinfarkt, sagte sie, am zweiten Urlaubstag. Das ungewohnte Klima. Ich nicke, wegen der ungewohnten Bewegung. Den Waalwegen. Und der Hitze im Sommer. Im Urlaub sterben - ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. Ach, meint sie, es stimme schon, die Zeit heilt alle Wunden... bis nächste Woche. Bis nächste Woche, sage ich.
Ich kann nicht mit Menschen.
Nachher, als wir den stickigen Raum verlassen und die weißen Steinstiegen hinuntersteigen, meint sie "Darf ich fragen, aus welchem Teil Südtirols Sie kommen?". Natürlich, sage ich, und erzähle von Meran. Ob sie Südtirol kenne, frage ich. Ach, meint sie, sie verbinde unglaublich schöne und unglaublich schreckliche Erinnerungen damit. Ihr Mann sei vor bald zwanzig Jahren dort gestorben. In Naturns. Ich nicke, das sei recht häufig. Herzinfarkt, sagte sie, am zweiten Urlaubstag. Das ungewohnte Klima. Ich nicke, wegen der ungewohnten Bewegung. Den Waalwegen. Und der Hitze im Sommer. Im Urlaub sterben - ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll. Ach, meint sie, es stimme schon, die Zeit heilt alle Wunden... bis nächste Woche. Bis nächste Woche, sage ich.
Ich kann nicht mit Menschen.
gan - 31. Mär, 00:40
Menschen
Ich mochte sie von Anfang an. Ich sprach mit ihr, ermutigte sie zu antworten, ich führte immer längere Telefongespräche mit ihr bis sie eines Tages bemerkte, dass sie 45 Minuten mit mir gesprochen hatte. Heute spricht sie mit allen Menschen. Geht auf sie zu. Hat keine Angst. Beim letzten Geburtstagsfest sagte sie vor allen, dass sie mir so dankbar dafür ist. Ich hör so etwas nicht gerne, denn ich will nicht für etwas gelobt werden das ich aus purer Freude tat. Es war mir ein Vergnügen. Und es ist mir auch jedes Jahr ein Vergnügen mit ihr Weihnachten zu feiern.
Es liegt nur an den Menschen.
Es sind immer nur die Menschen.
Eigentlich kann ich ja reden. Übers Wetter, über Vorlesungstoff, über Musik, über Menschen, über das Leben. Aber mit dem Tod hab ich - zum Glück - keine wirklichen Erfahrungen. Und alten Frauen gegenüber bin ich sowieso eher vorsichtig. Da weiß man nie, ob man nicht gleich irgendwie beschumpfen wird oder im Schwitzkasten landet.