Benni
Da hab ich diesen Blick bemerkt. So einen Blick krieg ich selten von Männern. Um nicht zu sagen nie. Da war ich kurz ein wenig geschockt. Ich hab dann einfach mal zurückgeschaut, doch keine Reaktion seinerseits, er hat mich nur weiter angesext.
[Kann man das sagen? Ansexen? ...zumindest lag in dem Blick mehr Sex, als ich in den letzen Monaten hatte... ]
Vielleicht, hab ich mir irgendwann dann gedacht, ist er auch einfach nur sehr, sehr kurzsichtig. Ein chronischer Daumenlutscher. Oder jemand hat ihm gesagt, er habe da am Mundwinkel so einen Kulifleck, den er jetzt mit Daumenauflegen und Gedankenkraft verschwinden lassen will.
...
Der Fotograf hat wahrscheinlich gesagt "Heast Benni, iez brauch mer a Bild für die TITELSEITE, so a ganz COOLES, iaz schaust´ mal richtig SEXY!" (Der hat das sicher in Großbuchstaben gesagt. Fotografen, die solche Bilder machen, sprechen in Großbuchstaben.)
Eigentlich hab ich den Benni ja schon damals lieb gefunden. Damals, als ich noch Zeit damit verbracht habe, mir Ski-Live-Übertragungen anzusehen. Natürlich nicht unbedingt auf freiwilliger Basis, stamme ich ja aus einem klischeehaft männlich dominierten Haushalt mit nur einem Fernseher - und da blieb einem am Wochenende nicht viel anderes übrig. Außerdem fiel das für mich ja unter die Kategorie, "Zeit mit 'meinen' Männern verbringen"... Während also mein Onkel über die Kommentatoren wetterte, mein Vater schweigend dasaß und nur bei den Stürzen ein mitleidiges "Das hat wehgetan" ins Gespräch einwarf, meine Brüder sich mit kleinen Schlägereien unterhielten, hockte ich daneben und dachte "Eigentlich ist der Benni ja ganz lieb" (zu meiner Ehrenrettung: natürlich dachte ich auch "Der Lasse soll gewinnen!", "Das war jetzt aber eingefädelt!", "Alles, nur nicht wieder ein Vierfach-Sieg der Österreicher!!" oder "Mein Gott, ist das langweilig" - aber das tut hier nichts zur Sache). Der Benni hatte blaue Augen, einen Körper, den Mann als Sportler nun mal hat, und sprach ein Tirolerisch, dass der Interviewer in Spucke baden konnte.Außerdem eine frappante Ähnlichkeit mit einem gewissen Herrn, mit dem mich eine manchmal etwas seltsame Beziehung verbindet. Benni war zwar ein Pofisportler, aber er sah nicht so aus. Er war kein Maier, kein Tomba - keines dieser Sportviecher, die ich mir nicht nachmittags im Café vorstellen konnte (meine Vorstellungen waren noch sehr unschuldig, damals...). Mein Gott, er hatte immer diese süßen roten Bäckchen!
Und jetzt das. Kaum spricht einer in Großbuchstaben zu ihm, ist Benni plötzlich metro. Obwohl das, so munkelt man, eigentlich ja schon fast wieder out ist. Plötzlich werden ihm Vorspänne wie "Ein cooles Wintervorspiel in sechs Akten" angedichtet. Aber ich glaube nicht daran. Ich glaube, Benni wollte einfach nicht mehr als "der liebe Bub" gesehen werden. Benjamin Raich ist nämlich ein Mann geworden, ein echter Mann. Was schon eine Leistung ist, bei diesem Namen. Und weil das halt sein erstes Fotoshooting war, und der Fotograf irgendwie seltsam gesprochen hat, und er vorher wirklich viele Autogramme mit so einem halbkaputten Kuli geben musste, hat der Benni ein wenig komisch dreingeschaut. Das ist nicht weiter schlimm. Kann jedem mal passieren. Da mach ich mir nichts weiter draus. Ich hab mich ja auch ein bisschen verändert.
Ich hab den Benni dann unauffällig zusammengefaltet, ihn in meine Tasche gesteckt und mit nach Hause genommen. Man weiß ja nie. Vielleicht verschwindet der Fleck ja, und der Mann erwacht aus seiner Erstarrung. Und da will ich dabei sein.
Schon wegen damals.
[Kann man das sagen? Ansexen? ...zumindest lag in dem Blick mehr Sex, als ich in den letzen Monaten hatte... ]
Vielleicht, hab ich mir irgendwann dann gedacht, ist er auch einfach nur sehr, sehr kurzsichtig. Ein chronischer Daumenlutscher. Oder jemand hat ihm gesagt, er habe da am Mundwinkel so einen Kulifleck, den er jetzt mit Daumenauflegen und Gedankenkraft verschwinden lassen will.
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Der Fotograf hat wahrscheinlich gesagt "Heast Benni, iez brauch mer a Bild für die TITELSEITE, so a ganz COOLES, iaz schaust´ mal richtig SEXY!" (Der hat das sicher in Großbuchstaben gesagt. Fotografen, die solche Bilder machen, sprechen in Großbuchstaben.)
Eigentlich hab ich den Benni ja schon damals lieb gefunden. Damals, als ich noch Zeit damit verbracht habe, mir Ski-Live-Übertragungen anzusehen. Natürlich nicht unbedingt auf freiwilliger Basis, stamme ich ja aus einem klischeehaft männlich dominierten Haushalt mit nur einem Fernseher - und da blieb einem am Wochenende nicht viel anderes übrig. Außerdem fiel das für mich ja unter die Kategorie, "Zeit mit 'meinen' Männern verbringen"... Während also mein Onkel über die Kommentatoren wetterte, mein Vater schweigend dasaß und nur bei den Stürzen ein mitleidiges "Das hat wehgetan" ins Gespräch einwarf, meine Brüder sich mit kleinen Schlägereien unterhielten, hockte ich daneben und dachte "Eigentlich ist der Benni ja ganz lieb" (zu meiner Ehrenrettung: natürlich dachte ich auch "Der Lasse soll gewinnen!", "Das war jetzt aber eingefädelt!", "Alles, nur nicht wieder ein Vierfach-Sieg der Österreicher!!" oder "Mein Gott, ist das langweilig" - aber das tut hier nichts zur Sache). Der Benni hatte blaue Augen, einen Körper, den Mann als Sportler nun mal hat, und sprach ein Tirolerisch, dass der Interviewer in Spucke baden konnte.
Und jetzt das. Kaum spricht einer in Großbuchstaben zu ihm, ist Benni plötzlich metro. Obwohl das, so munkelt man, eigentlich ja schon fast wieder out ist. Plötzlich werden ihm Vorspänne wie "Ein cooles Wintervorspiel in sechs Akten" angedichtet. Aber ich glaube nicht daran. Ich glaube, Benni wollte einfach nicht mehr als "der liebe Bub" gesehen werden. Benjamin Raich ist nämlich ein Mann geworden, ein echter Mann. Was schon eine Leistung ist, bei diesem Namen. Und weil das halt sein erstes Fotoshooting war, und der Fotograf irgendwie seltsam gesprochen hat, und er vorher wirklich viele Autogramme mit so einem halbkaputten Kuli geben musste, hat der Benni ein wenig komisch dreingeschaut. Das ist nicht weiter schlimm. Kann jedem mal passieren. Da mach ich mir nichts weiter draus. Ich hab mich ja auch ein bisschen verändert.
Ich hab den Benni dann unauffällig zusammengefaltet, ihn in meine Tasche gesteckt und mit nach Hause genommen. Man weiß ja nie. Vielleicht verschwindet der Fleck ja, und der Mann erwacht aus seiner Erstarrung. Und da will ich dabei sein.
Schon wegen damals.
gan - 26. Okt, 00:31